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Fast Fashion

Vielleicht hast du noch nie etwas von Fast Fashion gehört. Deshalb fangen wir gleich mit einer kurzen Begriffsbeschreibung an.

Was ist Fast Fashion

Fast Fashion lässt sich hauptsächlich mit folgenden Begriffen beschreiben: Die Kleidung ist günstig in der Herstellung, sie wird mit einer unglaublichen Geschwindigkeit produziert und ist immer auf dem neusten Trend.

Fast Fashion findest du in Einkaufszentren, in jeder Innenstadt und meistens, sind es die Läden, die du in jeder Stadt einmal oder sogar mehrmals findest. Oftmals besitzen sie riesige Einkaufszentren mit mehreren Stöcken. Um dir einige zu nennen: Burton, COS, GAP, H&M, Mango, Primark, Revolve, Tally Wejil, United Colors of Benetton, Zara. Nur weil einige Unternehmen hier nicht aufgelistet sind, heisst es nicht, dass sie nachhaltig und fair Produzieren. Nike oder Dior sind teure Marken, produzieren aber ebenfalls unter teilweise sehr schlechten Bedingungen. Gehören aber nicht zur Kategorie Fast Fashion, da sie nicht alle Merkmale eines Fast Fashion Produzenten erfüllen. Weitere Informationen zu praktisch allen Marken findest du auf goodonyou.

Fakten

Die Modeindustrie ist weltweit für 10% der CO2-Emissionen verantwortlich. Somit gehört sie zu den 5 grössten Industrien. Auf Platz 1. sind die fossilen Brennstoffe und auf Platz zwei die landwirtschaftliche Tierhaltung. Die Modeindustrie ist der zweitgrösste Wasserverschmutzer weltweit. Vorher kommt nur noch die Landwirtschaft. Der globale Fastfashionmarkt wird auf 3’000’000’000’000 (3 Trillionen) US-Dollar geschätzt. Das sind 3% des BIP (Brutto Inland Produkt) der gesamten Welt. Als Vergleich, die Schweiz hat ein BIP von 177’000’000’000 (177 Milliarden).

65% der produzierten Kleidung besteht aus synthetischem Material (hauptsächlich Polyester) und 21% bestehen aus Baumwolle. Die restliche19% bestehen aus Zellulose, Wolle und anderen Materialien.

Synthetische Kleidung

Synthetische Kleidung wird aus Erdöl hergestellt. Und wie oben bereits erwähnt, ist die Gewinnung von Erdöl der grösste CO2 Verursacher des Planeten. Im Jahr 2015 wurden mehr als 330 Millionen Barrels (52.5 Milliarden Liter) Rohöl allein für die Herstellung von synthetischen Stoffen verbraucht. Die Herstellung von Polyester verbraucht 292 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr. Das bedeutet die Herstellung von 1 kg Polyester verbraucht 14.2 kg CO2 und dazu 34.7 kwh Strom. Als Vergleich: es braucht etwa 1 kwh Strom um 10 Stunden Fernseher zu schauen oder deine Kleidung zu waschen. Der einzige «Vorteil» von Polyester. Es verbraucht im Vergleich zu Baumwolle sehr weniger Wasser und Land. Da es sich aber kaum recyceln lässt, der CO2-Abdruck 3x höher ist und sich das Material in Mikroplastik zersetzt, fällt dieser angebliche Vorteil nicht ins Gewicht.

Kleidung aus Baumwolle

Baumwolle ist weltweit der grösste Verwender von Pestiziden (18%) und Insektiziden (25%). Für ein Baumwoll-T-Shirt braucht es 2700 Liter Wasser und 230g Chemikalien, die meist ungefiltert in die Natur fliessen. (Ich werde nicht weiter auf Baumwolle eingehen, da ich einen separaten Post geplant habe)

Pro Jahr werden 80 Milliarden Kleidungsstücke produziert. Das sind 400% mehr als noch vor 20 Jahren.

Produktion

Fast Fashion ist ein relativ neues Phänomen, den Begriff gibt es seit ungefähr 1990. Die Idee zum Konzept Kleider unglaublich schnell und in enormen Massen herzustellen, kommt von Amancio Ortega Gaona. Er wollte den grössten Kleidungskonzern der Welt aufbauen. Dies geling ihm auch mit der Unternehmensgruppe Inditex (zB. Zara). Sein Vermögen wird vom Forbes Magazine auf 71.3 Milliarden US-Dollar geschätzt. Zum Vergleich: ein durchschnittlicher Mitarbeiter in einer Fertigungsfabrik verdient ca. 30 US-Dollar im Monat. Die durchschnittlichen Lebenskosten liegen aber bei 50 US-Dollar im Monat. Nur 2% der weltweiten Fabrikarbeiter bekommen ein angemessenes Gehalt. Gehen wir davon aus, dass ein durchschnittlicher Fabrikarbeiter 60 Jahre arbeitet (von 12 Jahren bis 70 Jahren), dann verdient diese Person in Ihrem ganzen Leben 21’600 USD was das sind 3% vom Vermögen von Gaona.

Sweatshops

Diese Fabriken nennt man Sweatshops. Die bekannteste ist wohl Rana Plaza die durch einen tragischen Unfall, der über 1100 Menschen das Leben gekostet hat, die Tragödie hat ein Wachrütteln in der Gesellschaft hervorgerufen. In der westlichen Welt wussten viele nicht, wie ihre Kleidung hergestellt wurde. Durch den Kollaps des Fabrikgebäudes, wurden die unmenschlichen Umstände in der ganzen Welt bekannt und viele Unternehmen haben angefangen etwas zu unternehmen. Leider mehr schlecht als recht. Viel davon ist grösstenteils Greenwashing (mehr dazu in meinem Blogbeitrag zu Greenwashing) oder die Unternehmen weisen die Schuld von sich, da sie keinen Einfluss haben. Was natürlich absoluter Blödsinn ist.

Was in Rana Plaza Schlagzeilen gemacht hat, ist aber kein Einzelfall. Viele Textilfabriken sind in einem sehr schlechten Zustand. Die Arbeiter erhalten nicht nur ein Lohn, der unter dem Minimum liegt, auch unbezahlte Überstunden (bis zu 16h/d) werden nicht angerechnet. Von Ferien, bezahlten Krankheitstagen und Altersvorsorge können die Arbeiter nur träumen. Obendrauf gehört Kinderarbeit bei den meisten Fabriken zum Alltag, man muss aber betonen, dass da in den letzten Jahren am meisten gemacht wurde.

Die Fabrikarbeiter:innen

75 Millionen Menschen arbeiten in Sweatshops. Davon sind 85% der Arbeiter Frauen. Sexuelle Belästigung oder Übergriffe sind an der Tagesordnung. Weil Gewerkschaften systematisch unterdrückt werden, besteht keine Chance, dass man sich irgendwie verteidigen kann. Erst dieses Jahr (2020) wurden 700 Arbeiter aus einem Sweatshop von Mango entlassen, weil sie sauberes Trinkwasser während der Arbeit verlangten.

Leider hat Covid-19 die Situation noch verschärft. Die milliardenschweren Unternehmen übernehmen keine oder sehr wenig Verantwortung und stornierten all ihre Bestellungen, die teilweise bereits fertiggestellt waren. Da die Kleidung nicht abgenommen wurde, konnten die Fabriken ihre Arbeiter nicht bezahlen und viele sinken noch tiefer in die Armut und leiden an Hunger.

Die meisten Fabriken stehen unter so einem Druck, dass sie die Kleider herstellen müssen, auch wenn die Unternehmen den Preis noch mehr herunterdrücken. Wenn sie den Auftrag nicht annehmen, gehen die Kunden. Laut verschiedenen Fabrikherstellern deckt der Kaufpreis nicht mehr die Produktionskosten. (Quelle: The True Cost, 2015)

Praktisch alle Nähfabriken befinden sich in China (wird allerdings immer mehr ausgelagert), Indien, Kambodscha, Bangladesch. Wobei Bangladesch das grösste Produktionsland ist. Es gibt auch Produktionsstätten in Europa, wobei vor allem Niedriglohnländer demselben Problem unterstehen. Aber nicht nur die Nähfabriken sind von den schlechten Arbeitsbedingungen betroffen. Auch die anderen Produktionsschritte leiden unter den billigen Fast Fashion Kleidern. Bei der Baumwollproduktion in der Türkei* gehört Kinderarbeit zum normalen Alltag. Arbeiter in Garnmanufakturen in Indien* arbeiten 14h/d für einen Hungerlohn. Auch hier gehört Kinderarbeit dazu. Die Färbung in China* ist mit vielen Chemikalien und praktisch keinen Schutzmassnahmen für Mensch oder Natur verbunden.* Hier sind die grössten produzierenden Länder aufgelistet. All diese Arbeitsschritte und die damit verbundenen Kosten machen 1% des Verkaufspreises aus.

Einkauf

Früher wurde pro Jahreszeit eine Kollektion herausgebracht. Fast Fashion schafft es bis zu 50 Kollektionen jedes Jahr herauszubringen. Das ist fast eine Kollektion jede Woche. Wenn die Kleidung im Laden ankommt, ist das Kleidungsstück bereits 20’000 km gereist. Jedes Kleidungsstück wird einzeln in eine Plastiktüte gepackt und je nach Produzenten kommt es auch noch mit einem Kleiderbügel, der von den wenigsten Läden verwendet wird. Somit landen jedes Jahr 85’000’000 (85 Millionen) Kleiderbügel im Abfall.

Viele Unternehmen bieten inzwischen ihre eigene Kleiderrücknahme an und versprechen diese zu recyceln. Leider handelt es sich auch hier um Greenwashing. Mehr zum Recyceln der Kleider findest du weiter unten.

Wir Konsumenten kaufen durchschnittlich 80 Kleidungsstücke im Jahr und besitzen 250-500 Kleidungsstücke. (In dieser Erhebung von Greenpeace werden Unterwäsche, Funktionskleider und Loungewear nicht als Kleidungsstücke gezählt) Durchschnittlich behält ein deutscher Haushalt ein Kleidungsstück 45 Tage im Kleiderschrank, bevor er es wieder ausmistet. Von diesen 45 Tagen trägt er es 5 Mal.

Pflege

Wenn wir synthetische Kleider waschen, entstehen pro Teil ca. 1900 Stücke Mikroplastik. Zu Mikroplastik ist auch noch ein Artikel geplant. Kurz: Mikroplastik ist so klein, dass er von unseren meist etwas älteren Kläranlagen nicht gefiltert werden kann. Wenn Mikroplastik einmal in der Natur ist, ist es praktisch unmöglich in wieder einzusammeln und auch wenn, was passiert dann mit ihm? Plastik zersetzt sich nicht. Mikroplastik befindet sich schon jetzt überall auf dem Planeten. In Wüsten, in den Meeren auf dem Mount Everest (höchster Punkt der Welt) und im Mariannengraben (tiefster Punkt der Welt). Bereits heute sind 31% der Meeresverschmutzung durch Plastik verursacht und davon ist ein beträchtlicher Teil Mikroplastik. Natürlich setzen nicht nur unsere Kleider Mikroplastik frei, aber da der grösste Teil unserer Kleidung synthetisch ist, macht sie eine signifikante Menge aus. Es gibt Filter für die Waschmaschine oder du wäschst und trocknest deine synthetischen Kleider mit dem „Guppyfriend Washingbag“. Ich mache ungern Werbung für Produkte, wenn du also mal etwas liesst, dann ist es wirklich eine Herzensempfehlung Deine Kleider jedoch ohne Tumbler zu trocknen ist noch besser.

Geplanter Verschleiss

Hast du schonmal von «planned obsolescence» gehört? Es handelt sich hier um ein Produkt, dass mit einem Verschleissdatum hergestellt wird. Sinn der Sache ist, dass du bald wieder etwas Neues kaufen musst. Das heisst im Falle unserer Kleider, dass sie ungefähr 30 Waschgänge überstehen. Bei Naturmaterialien ist es einiges mehr. Aber auch diese, sind heute von viel schlechterer Qualität, dass sich eine Reparatur meist nicht lohn oder gar nicht möglich ist. Sollte eine Reparatur möglich sein, ist sie oftmals viel teurer als ein Kleidungsstück neu zu kaufen. Zur geplanten Veraltung gehört auch, dass die Unternehmen uns Konsumenten die korrekte Pflege von Produkten schwierig machen. Dazu gehört zum Beispiel, kratzende oder ausbleichende Etiketten, die wir entfernen oder nicht mehr lesen können und somit die Kleidung falsch waschen.

Entsorgen

Allein in den USA werden 20’000’000’000 (20 Milliarden) Kleider pro Jahr gekauft. Das sind 68 Kleider pro Person und ein Kleidungsstück in der Woche. Laut EPA (USA) werden 13.1 Tonnen Kleider im Jahr weggeworfen, davon können nur 15% recycelt oder direkt als Secondhand Ware weiterverkauft werden. Die anderen 85% landen auf einer Mülldeponie. Da wir Industrieländer uns nicht mit dem Abfall befassen möchten, verschiffen wir in nach Übersee. Bis anhin nach China. Aber China hat nun seine Grenzen für die riesige Masse an Abfall geschlossen, dazu gehören auch Kleider. Aber kein Problem *Sarkasmus* wir verschiffen den Abfall jetzt einfach in andere, ärmere Länder. Leider gibt es hierzu noch keine zufriedenstellende Lösung.

Wer jetzt aber denkt, alle Kleider in der Kleidersammlung werden recycelt oder weiterverkauft, denn muss ich enttäuschen. Das Problem ist, dass wir heutzutage viele Materialien zusammenmischen. Sobald ein Material zu einem Faden zusammen gemischt wurde, ist es unmöglich dieses wieder zu trennen. All diese Kleider können also noch nicht recycelt werden. Wenn etwas recycelt werden kann, ist es bei den meisten Produkten ein downcycling. Downcycling bedeutet soviel wie, das Produkt kann zwar weiter gebraucht werden, verliert aber an Qualität und landet früher oder später im Abfall.

Da Kleidung durch den geplanten Verschleiss schneller kaputt gehen, können die Second Hands und Brockenhäuser die Kleider auch nicht weiterverkaufen und müssen einen grossen Teil wegwerfen. Teilweise werfen Sie auch Kleidung von guter Qualität weg, weil sie einfach keine Kapazität haben, so viel aufzunehmen. Für deine nächste Kleiderspende: Kleider gewaschen in die Kleidersammlung oder ins Brocki geben. Kaputte, dreckige Kleider und Stoffresten gehören nicht in die Kleidersammlung, sondern in den Abfall.

Was können wir also tun?

Die Welt lässt sich nicht von heute auf morgen verändern. Jede Veränderung eines «funktionierenden» Systems braucht die Mitwirkung von Politik, Industrie und Konsument. Auch das magische Dreieck genannt. Aber du als Konsument bestimmst mehr, als es vielleicht den Anschein macht. Natürlich wird H&M seinen Laden nicht schliessen, weil du da nicht mehr da einkaufen gehst. Aber wenn du es nicht mehr machst und damit anderen zeigst, dass es funktionieren kann, ohne den aufgezwungenen Trends nachzueifern und ohne den Kleiderschrank alle 3 Jahre komplett auszutauschen. Dann kannst du andere motivieren und wenn die Masse nicht mehr bei H&M einkaufen geht, dann müssen sie etwas ändern. Und es gibt dir ein unglaublich gutes Gefühl, denn du bist kein Teil des Problems;)

Hier einige Dinge, die du tun kannst:

  • Boykottiere Fast Fashion Marken. Gehe einfach nicht mehr bei Ihnen einkaufen oder geh noch einen Schritt weiter und teile ihnen deine Meinung mit. Per E-Mail oder über Social Media Kanäle.
  • Unterstütze nachhaltige und ethische Modelabels. Lass dich da nicht von Produktionsländern täuschen. Produziert in Bangladesch muss nicht schlecht sein. Es kommt darauf an, was das Unternehmen für Werte pflegt. Aber Achtung vor Greenwashing!
  • Kaufe Kleider Second Hand. In Brockenhäusern, in Second Hand Läden oder online.
  • Trage deine Kleider bis sie kaputt gehen. Wenn du dein Kleidungsstück nicht nur ein Jahr, sondern zwei Jahre trägst, senkt sich die CO2-Emission bereits um 24% pro Kleidungsstück.
  • Teile diese Informationen, damit sich alle Gedanken darüber machen können.
  • Finde deinen Style und bleib dir treu, egal was gerade Mode ist.
  • Organisiere Kleidertauschtreffen mit Freunden, Familie oder auch mit Fremden. Bitte nach Covid-19😉

* Ich versuche für all meine Blogeinträge genau zu recherchieren und habe meine Informationen aus verschiedenen Artikeln und Dokumentationen, die ich dann abgleiche und nachschlage. Manche Zahlen sind schwer zu erheben und andere sind bereits etwas älter, da es keine aktuellen Zahlen gibt. In meinen Beiträgen geht es darum, dir ein Bild zu verschaffen und dir Verhältnisse aufzuzeigen. Deshalb gehe ich den Kompromiss ein, dass vielleicht einige Zahlen nicht zu 100% der Realität entsprechen. Solltest du aber bei einer Aussage andere Informationen haben, bitte teile mir deine Fakten mit, ich möchte auf gar keinen Fall Fehlinformationen vorbereiten.

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