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Fast Furniture

Nach dem Artikel zu Fast Fashion kannst du dir vielleicht schon vorstellen, was Fast Furniture bedeutet. Mir persönlich war das lange nicht bewusst und ich habe ein Faible für spezielle Möbel, weshalb ich noch nie ein grosser Fan von IKEA war. Aber ich kann definitiv verstehen, wieso man zu IKEA oder ähnlichen Möbelhäusern geht.

Ich spreche in diesem Artikel vor allem von IKEA. Das hat zwei Gründe. 1. Jeder und ich bin davon überzeugt, wirklich jeder kennt IKEA. 2. IKEA hat eine relativ offene Kommunikation und es sind viele Informationen über sie verfügbar, was die Recherche natürlich einfacher macht. Was aber auf IKEA zutrifft, trifft auch auf andere Fast Fashionhersteller zu, kann aber natürlich nicht eins zu eins übertragen werde.

Was genau sind Fast Furniture?

Auf Deutsch: Schnelle Möbel. Möbel sind heute, wie viele andere Produkte, Massenware. Massenware kommt meistens von grossen Anbietern, in diesem Fall Möbelhäuser. Wer Massenware anbietet, kann dies meistens zu einem unglaublich günstigen Preis tun. Wie bei Klamotten hat sich die Mentalität, neu kaufen – wegwerfen – neu kaufen – wieder wegwerfen inzwischen auch bei Möbeln standardisiert. Früher wurde ein Möbelstück von Generation zu Generation weitergegeben. Heute kauft eine Generation alle paar Jahre neue Möbel. Entweder weil die billigen Fast Furnitures bereits zerschlissen sind oder weil sie einem einfach nicht mehr gefallen. Personen aus der Branche sprechen deshalb bereits von Einweg- oder Wegwerfmöbeln. Was mich persönlich bei einem Esstisch irgendwie befremdet. Als Begründer der Fast Furniture Bewegung gilt IKEA – wer denn sonst=) 1973 wurde die erste Niederlassung ausserhalb von Skandinavien in Spreitenbach (Schweiz, ZH) eröffnet. Zugegebenermassen ist die Geschichte des IKEA-Gründers Ingvar Kamprad (gest. Januar 2018) faszinierend. Er gründete IKEA mit 17 Jahren, wobei er erst 4 Jahre später Möbel in das Sortiment aufnahm. Kamprad wohnte jahrzehntelang in der Schweiz in Genf. Aber um ihn soll es nicht gehen. Das Prinzip, die Möbel selbst abzuholen und aufzubauen war und ist revolutionär.

Herstellung von Fast Furniture

Logischerweise ist der Hauptbestandteil der meisten Möbel Holz. Holz ist aber kein unendlicher Rohstoff, dazu kommt, dass wir Bäume zum Überleben brauchen. Immerhin speichern sie CO2 und reinigen unsere Luft. Gehen wir zum Ursprung vom Holz. Den Bäumen in den Wäldern. Bei meinen Recherchen ist mir immer wieder Rumänien aufgefallen. Deshalb steige ich da mal auf und nehme auch dieses Beispiel. Rumänien bietet sich an, da das Land viel Waldfläche hat und leider als sehr korruptes Land gilt. Es gibt es noch hunderttausende Hektare Ur- bzw. Naturwälder, diese sind für das Ökosystem sehr wertvoll. Liefern dummerweise aber auch gutes Holz. Damit diese Wälder aber geschützt werden, hat die EU festgelegt, wie viel Holz aus den Wäldern entnommen werden darf. Alleine zwischen 2014-2018 wurde laut verschiedenen Quellen doppelt so viel geholzt wie eigentlich erlaubt gewesen wäre.

IKEA und illegales Holz

Mit dem illegalen Holz lässt sich enorm viel Geld verdienen. Natürlich geht nicht das ganze Holz in die Möbelindustrie, auch Papier unter anderem Klopapier benötigt Holz zur Herstellung. Aber die Möbelindustrie ist einer der grössten Abnehmer und es ist nachgewiesen, das IKEA Holz aus Rumänien bezieht und sogar selbst Wälder dort besitzt. IKEA hat zwar einen Verhaltenscodex für seine Lieferanten entwickelt – der sogenannte IWAY Forestry Standard – dieser soll sicherstellen, dass das Holz für zukünftige Möbel auf legale Weise gefällt wurde und keinen negativen Auswirkungen auf die Umwelt hat. Grundsätzlich super, nur ist die Durchsetzung dieses Codex nicht ganz so einfach. Dazu kommt, das IKEA wie bereits angesprochen eigene Wälder in Rumänien besitzt. Wenn jemand Standards festlegt und sich selbst kontrolliert, wirft das immer den Verdacht von Greenwashing auf. Seit 2020 hat IKEA den Vorsatz, nur noch FSC zertifiziertes Holz zu verwenden. Die Wälder in IKEA Besitz sind bereits FSC zertifiziert. All das muss man IKEA sicherlich anrechnen. Ein Teil geht in das Thema Greenwashing hinein, aber möchte man IKEA glauben, dann sind sie um die Natur und die Umwelt engagiert.

Verkauf/Vertrieb

Auch wenn grosse Möbelhäuser Werbung machen mit nachhaltigen Produkten, wäscht dies das Unternehmen nicht von seiner Verantwortung frei. Denn am nachhaltigsten ist das Produkt, dass du nicht konsumierst. Die Unternehmen, die Fast Furniture verkaufen, wie zum Beispiel IKEA haben ihr ganzes Konzept darauf ausgelegt, den Kunden zum Kauf zu motivieren. Das bezieht sich nicht nur auf Möbel. IKEA macht einen nicht unbeachtlichen Teil des Gewinnes mit Kleinkram. Wenn du durch ein Einrichtungshaus läufst, musst du meistens durch das ganze Geschäft laufen und siehst gleich die neusten Wohntrends. Das ist eine Masche, dich zum Kaufen zu bewegen. Das andere grosse Argument sind natürlich die günstigen Preise. Im Vergleich zu anderen Branchen ist der Preiskampf in der Möbelbranche einer der härtesten. Denn der Preis ist das Hauptverkaufsargument. Während dir bei Lebensmittel neben dem Preis sehr wahrscheinlich auch die Qualität und der Geschmack wichtig sind, machen wir hier bei Möbeln einen grossen Abstrich. Da wir so stark anhängig sind von den grossen Möbelhäusern, kommen uns die angemessenen Preise für ein Möbelstück als total überteuert vor. Ein Sofa, dass 300 Franken kostet ist weder angemessen noch realistisch, wenn man nicht IKEA heisst und zu den grössten Möbelherstellern weltweit gehört. Diese Preise sind natürlich mit schlechter Qualität zu erklären, es gibt aber auch noch ein weiteres Argument, dass im Besonderen aus Deutschland bekannt ist. Viele Möbelhäuser haben sogenannte Einkaufsverbände. Über diese werden grosse Mengen an Möbel eingekauft und so günstigere Preise ausgehandelt. Allerdings sind die Grössen dieser Verbände nicht ganz unproblematisch. Denn die Einkaufsgemeinschaften erhalten viel Marktmacht und können so einen enormen Preisdruck anstreben, mit denen ein kleinerer Möbelhersteller nicht mehr mithalten kann. Fast Furniture lockt mit tiefen Preisen bei Klassikern und kann so die Einnahmen anderswo generieren. Ein kleiner Familienbetrieb hat diese Möglichkeit nicht. Denn die Herstellung jeden Produktes hat seinen Preis und wird dieser zu stark gedrückt, dann verliert in der Herstellungskette irgendjemand. Meistens die Natur, oft aber auch Menschen, die ausgebeutet werden.

Langlebigkeit

Wer mal einen Schrank oder ein Bett von IKEA besessen hat, weiss, dass man diese selten auseinanderbauen und noch einmal zusammenbauen kann, geschweige dann mehrmals. Sie sind verleimt und lassen sich nicht mehr voneinander lösen. Oder die Löcher sind schon zu ausgeleiert, als dass die Möbel sich mehr als zweimal auseinander und wieder zusammenschrauben lassen. Wer also umzieht, entsorgt die Möbel einfachheitshalber. Besser wäre es sie weiterzugeben. Allerdings ist der Markt so gesättigt, dass man diese Möbel selten verkaufen kann. Es bleibt die Entsorgung oder verschenken. Wobei der neue Besitzer dann dasselbe Problem mit dem Auseinanderbauen und wieder zusammenschrauben hat. Ein Grund für diese schlechte Qualität ist das Holz. Fast Furniture besteht selten aus sogenanntem Massivholz, also aus ganzen Holzplatten. Meistens bestehen Billigmöbel aus Spähholzplatten. Diese Variante ist leichter, günstiger und kann sogar aus Abfallholz mit schlechter Qualität hergestellt werden. Die Spähholzplatte hat aber viele Nachteile. Sie hat ein Verfallsdatum. Wenn sie verkratzt, kann man dies nicht einfach wegschleifen. Wenn sie feucht wird, kann sich das ganze Regal verziehen. Diese Eigenschaften machen Billigmöbel sehr kurzlebig und nehmen den Möbeln die Möglichkeit zur weiteren Nutzung.

Wiederverwendung/Recycling

Fast Furniture werden durchschnittlich nach ein paar Jahren entsorgt. Pro Tag werfen wir Schweizer 1000 Tonnen Möbel weg. Davon werden nur 1% recycelt!! – Ich bin schockiert von dieser Zahl. In Deutschland sind es immerhin ¼ der Möbel, was immer noch eine schlechte Quote ist. Hauptgrund dafür ist die schlechte Qualität der Möbel. Spähholzplatte lassen sich nur sehr schlecht bis unmöglich recyceln. Denn sie wurden verleimt und sind somit nicht mehr schadstofffrei. Ein anderes Möbel aus einer Spähholzplatte zu fertigen ist praktisch unmöglich und die Qualität ist zu schlecht, damit es sich nicht lohnt, die Möbel zu restaurieren und wieder zu verkaufen. Deshalb wird das meiste Holz verbrannt. Die generierte Wärme wird als Energie verwendet. Das deckt aber nicht ansatzweise die Energie, die bei der Entstehung benötigt werden.

Was kannst du also tun

Wie immer kaufe weniger ein – wenn du deinen Einrichtungsstyle gefunden hast, dann bleib dir treu, egal was modern ist. Wenn ein Möbel kaputt ist und sich nicht mehr reparieren lässt, dann schau mal, ob du etwas Second Hand findest. Das braucht meistens etwas mehr Zeit, lohnt sich aber, da du etwas Spezielles hast. So kommst du auch vom momentanen Einheitslook weg. Oft kommt man doch in Wohnungen und alle Wohnungen sehen gleich aus. Du kannst auch einen alten Gebrauchsgegenstand zu einem Möbel umfunktionieren. Zum Beispiel eine alte Kabelrolle oder alte Obstkisten. Vielleicht kannst du sogar ein Möbel auf verschiedene Arten nutzen. Deiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

* Ich versuche für all meine Blogeinträge genau zu recherchieren und habe meine Informationen aus verschiedenen Artikeln und Dokumentationen, die ich dann abgleiche und nachschlage. Manche Zahlen sind schwer zu erheben und andere sind bereits etwas älter, da es keine aktuellen Zahlen gibt. In meinen Beiträgen geht es darum, dir ein Bild zu verschaffen und dir Verhältnisse aufzuzeigen. Deshalb gehe ich den Kompromiss ein, dass vielleicht einige Zahlen nicht zu 100% der Realität entsprechen. Solltest du aber bei einer Aussage andere Informationen haben, bitte teile mir deine Fakten mit, ich möchte auf gar keinen Fall Fehlinformationen vorbereiten.

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